Ivy Origins

Sven K. ★ 11. November 2024

Von Chick Wilkins

Ivy, circa 1996

Ivy’s Bar gibt’s seit über 30 Jahren – nur hat Sven K. sie all die Zeit in der Schublade gelassen. Die Figur entstand in den frühen 90ern, als er durch Kölner Clubs und Krakauer Nightclubs gezogen ist, wo Ivy irgendwo zwischen Table Dance und Tresen geboren wurde. Aber damals wollte Sven sie noch nicht raushauen. Er hatte einfach keinen Bock, nur irgendeinen belanglosen Quatsch zu zeichnen. Er wollte warten, bis er wirklich was zu erzählen hat. Und das hatte er mit zwanzig halt noch nicht. „Mit zwanzig hab ich mich noch nicht ready gefühlt. Ich musste erst mal was erleben, eigene Gedanken haben jenseits der Ratschläge und Wegweisungen von Eltern und Lehrern“, sagt er heute. Jetzt, drei Jahrzehnte später, ist Ivy endlich am Start.

Sven findet’s selbst absurd, dass er jetzt sechzig ist, aber sich immer noch wie zwanzig fühlt – nur halt mit Lebenserfahrung und den dazugehörigen Geschichten: „Ich hab immer gesagt, ich werde wahrscheinlich der älteste Newcomer der Republik“, meint er und grinst. Und mit Ivy’s Bar könnte genau das jetzt klappen. Stories, Tiefe – alles, was früher fehlte, ist jetzt da, und das Timing passt.

Sven macht sich dabei keinen Stress. Er sagt: „Den Lauf von Charles Schulz, der seine Peanuts über fünfzig Jahre lang gezeichnet hat, den schaffe ich nicht – es sei denn, ich werde so alt wie Pierre Soulages.“ Der französische Maler Soulages ist kürzlich mit 104 Jahren gestorben, nach einem letzten Dirty Martini mit seiner Frau. Sven feiert das natürlich. „Aber Bill Watterson hat Calvin and Hobbes in zehn Jahren erzählt. Wenn mich Krebs, Krieg oder anderer Scheiß nicht vorher wegnickt, krieg ich das mit Ivy auch hin. Und dann ist es gut.“ Das ist genau der Vibe von Ivy’s Bar.

Ivys Bar ist kein stressiger Content, der auf Klicks aus ist. Ivy ist keine random Figur, die mal eben aus dem Nichts auftaucht. Sie hat sich über Jahrzehnte entwickelt, hat mit Sven durch die 90er gefeiert, den Internetboom mit definiert und jetzt bringt sie den nötigen Zynismus und die Storys mit, um in der digitalen Welt klarzukommen. Sie ist die Chefin der urbanen Nächte, in denen es nicht (nur) um Klicks und Likes geht, sondern in erster Linie um gelebtes Leben. Klare Ansage an die absurden Regeln der Monetarisierung im Netz: Da gibt’s diesen Strip, in dem ein Stammgast sagt: „Um Mega-Influencer zu werden, müsste Ivy nackt beim Yoga auf dem Rücken eines Einhorns Brotteig kneten.“

Finanziell bleibt Sven K. seinem Prinzip treu. Er sagt: „Bei mir bleibt alles, wie beim Straßentheater – wer was zahlen will, kann das tun, aber ich mache niemandem Druck. In den guten Zeiten des Internets war im Netz alles kostenlos.“ Sven K. würde das gern so weiter so halten, aber: „Das Problem ist: Cash kommt nicht, wenn man den Kram auch für umme haben und — anders als beim Straßentheater — die Leute nicht sehen, wenn jemand nix in den Hut wirft. So wächst die Popularität, aber das macht den Kühlschrank nicht voll. Aber Online-Reichweite – und damit der Cashflow – kosten Geld und die Folks, die Reichweite haben, zahlen dafür, sie zu haben und mit niemandem zu teilen. Das klingt mafiös, uns das ist es auch.“

Aber Sven grinst und sagt: „Manche Erfolgsgeschichten beruhen nicht darauf, dass das Produkt von Anfang an großartig ist, sondern darauf, dass man einfach lange genug investiert, bis das Publikum es akzeptiert – auch wenn es anfangs als Flop gilt. Ich könnte Namen nennen, aber ich mag keine Betonschuhe.“ Fakt sei aber, so Sven: mit genug Geduld und Beharrlichkeit werde selbst ein billiges Format irgendwann profitabel.“ Sven K. versucht genau das mit Ivy’s Bar – nur dass Ivy von Anfang an ein starkes Format ist, das nur noch die Zeit braucht, um zu wachsen und anzukommen. Und genau das macht Ivy’s Bar so authentisch. Hier geht’s nicht um schnellen Erfolg, sondern um etwas Echtes.

Früher lagen die Comic-Hefte auf Partys in den WGs rum (bevorzugt auf dem Klo). Heute teilt man die Strips auf dem Handy (wo sie auch oft auf dem Klo durchgescrollt werden), aber die Magie ist dieselbe: Ivy, die Partyqueen mit der Champagnerflasche in der Hand, findet endlich auf die Bühne. Sie, dreißig Jahre nachdem sie entstand, immer noch Twentysomething mit der wasserstoffblonden Fönfrisur wie ein Alien aus den 1980ern. Vielleicht wird Sven K. mit ihr tatsächlich der älteste Newcomer der Republik – und mit etwas Glück bleibt Ivy’s Bar länger im Kopf als der nächste Social-Media-Hype.

Sven K. am 11. 11. 2024

Von Chick Wilkins

Ivy, circa 1996

Ivy’s Bar gibt’s seit über 30 Jahren – nur hat Sven K. sie all die Zeit in der Schublade gelassen. Die Figur entstand in den frühen 90ern, als er durch Kölner Clubs und Krakauer Nightclubs gezogen ist, wo Ivy irgendwo zwischen Table Dance und Tresen geboren wurde. Aber damals wollte Sven sie noch nicht raushauen. Er hatte einfach keinen Bock, nur irgendeinen belanglosen Quatsch zu zeichnen. Er wollte warten, bis er wirklich was zu erzählen hat. Und das hatte er mit zwanzig halt noch nicht. „Mit zwanzig hab ich mich noch nicht ready gefühlt. Ich musste erst mal was erleben, eigene Gedanken haben jenseits der Ratschläge und Wegweisungen von Eltern und Lehrern“, sagt er heute. Jetzt, drei Jahrzehnte später, ist Ivy endlich am Start.

Sven findet’s selbst absurd, dass er jetzt sechzig ist, aber sich immer noch wie zwanzig fühlt – nur halt mit Lebenserfahrung und den dazugehörigen Geschichten: „Ich hab immer gesagt, ich werde wahrscheinlich der älteste Newcomer der Republik“, meint er und grinst. Und mit Ivy’s Bar könnte genau das jetzt klappen. Stories, Tiefe – alles, was früher fehlte, ist jetzt da, und das Timing passt.

Sven macht sich dabei keinen Stress. Er sagt: „Den Lauf von Charles Schulz, der seine Peanuts über fünfzig Jahre lang gezeichnet hat, den schaffe ich nicht – es sei denn, ich werde so alt wie Pierre Soulages.“ Der französische Maler Soulages ist kürzlich mit 104 Jahren gestorben, nach einem letzten Dirty Martini mit seiner Frau. Sven feiert das natürlich. „Aber Bill Watterson hat Calvin and Hobbes in zehn Jahren erzählt. Wenn mich Krebs, Krieg oder anderer Scheiß nicht vorher wegnickt, krieg ich das mit Ivy auch hin. Und dann ist es gut.“ Das ist genau der Vibe von Ivy’s Bar.

Ivys Bar ist kein stressiger Content, der auf Klicks aus ist. Ivy ist keine random Figur, die mal eben aus dem Nichts auftaucht. Sie hat sich über Jahrzehnte entwickelt, hat mit Sven durch die 90er gefeiert, den Internetboom mit definiert und jetzt bringt sie den nötigen Zynismus und die Storys mit, um in der digitalen Welt klarzukommen. Sie ist die Chefin der urbanen Nächte, in denen es nicht (nur) um Klicks und Likes geht, sondern in erster Linie um gelebtes Leben. Klare Ansage an die absurden Regeln der Monetarisierung im Netz: Da gibt’s diesen Strip, in dem ein Stammgast sagt: „Um Mega-Influencer zu werden, müsste Ivy nackt beim Yoga auf dem Rücken eines Einhorns Brotteig kneten.“

Finanziell bleibt Sven K. seinem Prinzip treu. Er sagt: „Bei mir bleibt alles, wie beim Straßentheater – wer was zahlen will, kann das tun, aber ich mache niemandem Druck. In den guten Zeiten des Internets war im Netz alles kostenlos.“ Sven K. würde das gern so weiter so halten, aber: „Das Problem ist: Cash kommt nicht, wenn man den Kram auch für umme haben und — anders als beim Straßentheater — die Leute nicht sehen, wenn jemand nix in den Hut wirft. So wächst die Popularität, aber das macht den Kühlschrank nicht voll. Aber Online-Reichweite – und damit der Cashflow – kosten Geld und die Folks, die Reichweite haben, zahlen dafür, sie zu haben und mit niemandem zu teilen. Das klingt mafiös, uns das ist es auch.“

Aber Sven grinst und sagt: „Manche Erfolgsgeschichten beruhen nicht darauf, dass das Produkt von Anfang an großartig ist, sondern darauf, dass man einfach lange genug investiert, bis das Publikum es akzeptiert – auch wenn es anfangs als Flop gilt. Ich könnte Namen nennen, aber ich mag keine Betonschuhe.“ Fakt sei aber, so Sven: mit genug Geduld und Beharrlichkeit werde selbst ein billiges Format irgendwann profitabel.“ Sven K. versucht genau das mit Ivy’s Bar – nur dass Ivy von Anfang an ein starkes Format ist, das nur noch die Zeit braucht, um zu wachsen und anzukommen. Und genau das macht Ivy’s Bar so authentisch. Hier geht’s nicht um schnellen Erfolg, sondern um etwas Echtes.

Früher lagen die Comic-Hefte auf Partys in den WGs rum (bevorzugt auf dem Klo). Heute teilt man die Strips auf dem Handy (wo sie auch oft auf dem Klo durchgescrollt werden), aber die Magie ist dieselbe: Ivy, die Partyqueen mit der Champagnerflasche in der Hand, findet endlich auf die Bühne. Sie, dreißig Jahre nachdem sie entstand, immer noch Twentysomething mit der wasserstoffblonden Fönfrisur wie ein Alien aus den 1980ern. Vielleicht wird Sven K. mit ihr tatsächlich der älteste Newcomer der Republik – und mit etwas Glück bleibt Ivy’s Bar länger im Kopf als der nächste Social-Media-Hype.