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Pixelmusik2020-09-28T03:04:53+02:00

Vor 75 Jahren erschien der erste Lucky Luke. Ganz genau war das am 7. Dezember 1946 im Almanach 1947, einem Sonderheft des bei Dupuis erscheinenden Magazins Spirou. Der Zeichner Morris ist 23 Jahre alt.

Generell wurde im letzten Jahrhundert alles früher gemacht. Früher geheiratet, früher in den Beruf gegangen. Auch früher gestorben. Morris hatte während seiner Schulzeit autodidaktisch angefangen, Trickfilme zu zeichnen und schon mit zwanzig in einem professionellen Trickfilmstudio gearbeitet. Als Morris Mitte zwanzig war, Anfang der 1950er, erschien Lucky Luke schon in eigenen Alben und Morris half in New York seinem Mentor Harvey Kurtzman, das Magazin MAD aus der Taufe zu heben. Warum war er überhaupt in New York? Eigentlich, wie auch Kollegen wie André Franquin, um Trickfilmzeichner zu werden. Er sollte, wie Kollege André Franquin, als Comiczeichner nach Europa zurückkehren.

Das klingt wie ein Plädoyer für Learning by Doing. Sich vom Leben ausbilden zu lassen, nicht von Hochschulen. Chancen wahrzunehmen, aber auch neugierig und offen zu bleiben, um daran zu wachsen.

Lucky Luke, das Werk des Trickfilmers, der Comiczeichner wurde, war ein Volltreffer in Sachen „Right time right place“: Er ist bis heute in der immer härter umkämpfen Comiclandschaft präsent. Sein aktueller Band Fackeln im Baumwollfeld, erschienen bei Egmont, frz. Un cow-boy dans le coton, erschienen bei Lucky Comics (Dargaud), gehört wie die Vorgänger zu den Comic-Bestsellern. Morris ist längst unter der Erde, sein Cowboy wird weiter von Achdé und Jul gezeichnet und getextet.

Und es gibt Hommagen wie die großartigen Bände von Matthieu Bonhomme.

Ich füge einen kleinen Knicks in drei Bildern hinzu. Merci Maurice De Bevere, merci, Morris.

Eine Reminiszenz an Freddy Quinn (“Brennend heißer Wüstensand”) und an Lieutenant Theo Kojak (“Entzückend”) in drei Panels eines Daily Strips. Ich freu mich, aber dann die Frage: Wer kennt noch den griechischstämmigen New Yorker Serien-Detective aus den 1970ern? Wer den legitimen Hamburger Schnulzen-Nachfolger von Hans Albers? Und wer war Hans Albers?

Wenn wir als Menschen unseren Kontext verlieren, verlieren wir unsere Geschichte. Und den Humor, denn Humor ohne Kontext ist ein Witz.

Also. Der Kontext zu diesem Strip:“Heimweh” war 1956 ein Riesenhit für den damals 25-jährigen Franz Eugen Helmuth Manfred Nidl, den sehr, sehr alten Alten bekannt als Freddy Quinn.

Brennend heißer Wüstensand (so schön, schön war die Zeit)
Fern, so fern dem Heimatland (so schön, schön war die Zeit)

Diese Zeilen kennen sehr, sehr alte Fans der Baleareninsel Formentera. Dort hatte nämlich Ende der 1990er Chris, ein Kölner Comiczeichner, sein zweites Standbein. An der Theke der legendären Strandbar Piratabus zeichnete er bei Hierbas und San Miguel seine Inselcomics, stilistisch irgendwo zwischen Don Martin, Robert Crumb und Rötger “Brösel” Feldmans Werner. Seine meist männlichen Figuren zogen oft lange Schwänze hinter sich über den Strand und auf der Suche nach Sex und San Miguel sangen sie eben Freddys Hit: “Breeennend heißer Wüstensaaand …”

Als ich mich, ohne ihn zu kennen, irgendwann neben Chris setzte und anfing, Ivy zu zeichnen, hörte ich von der Seite de-Funès-artig: “Nein! Sven K.? DER Sven K.?” Ich war Fans überhaupt nicht gewohnt, meine Website besuchen damals täglich ein überschaubares Häuflein von 50-400 Comicfreunden. Chris erwies sich als großer Ivy-Fan, stellte mich prompt überschwänglich der kompletten Thekenmannschaft des Piratabus persönlich vor.

Es folgten drei, vier Formentera-Sommer, in denen wir uns immer sahen und viel Hierbas und San Miguel tranken und viele Schwänze und Titten zeichneten. Dann beschloss meine zukünftige Exfrau, das mit “jedes Jahr nach Formentera” sei zu spießig und wir fuhren nicht wieder hin und Chris hab ich nie wiedergesehen. Chris Comics verschwanden irgenwann aus dem jungen Internet und ich verbrachte den langweiligsten Urlaub meines Lebens auf Malta. Auch dazu noch einmal Freddy Quinn:

Kein Gruß, kein Herz, kein Kuss, kein Scherz
Alles liegt so weit, so weit (so schön, schön war die Zeit)

“Entzückend” hätte dazu vielleicht der New Yorker Lieutenant Theo Kojak gesagt, der immer “entzückend” sagte, wenn jemand sentimental wurde. Und während er “entzückend” sagte, saugte Kojak, die fiktive Figur, die sich noch vor Lucky Luke in seiner Serie das Rauchen abgewöhnte, stets versonnen an einem roten Lolli, eine Geste nicht ohne leise Erotik.

Aber so ist das mit Hierbas, San Miguel und dem entsprechenden Kontext: Man wird sehr, sehr leicht sentimental. Selbst wenn man sich nur daran erinnert, – über drei Panels eines Daily Strips.

Nikita Mandryka ist tot. In Deutschland als dritte Reihe wahrgenommen, war er wie Yvan Delporte, den hierzulande auch keine Sau kennt, seit den Gründerjahren in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts (Great Scott, klingt das lange her) eine Ikone der französisch-belgischen Comicszene. Mandryka war er der einzige zeichnende Zeitzeuge und Weggefährte, den man letztes Jahr noch um einen Nachruf auf Claire Bretécher anfragen konnte oder der ein launiges Vorwort für ein Buch über den studentischen Autorenaufstand bei Pilote Ende der 1960er-Jahre schrieb.

Sympathisches Mandryka-Zitat:

„Mit Papier, Bleistift und Pinsel macht man sein eigenes Kino.“

Das Zitat unterschlägt in der Übersetzung die Doppeldeutigkeit des französchen „faire du cinéma“, was auch heißen kann: „die Welle machen“.

Bekannteste Mandryka-Anekdote: Asterix-Texter René Goscinny (der seinerseits 1977 letal beim Kardio-Checkup vom Ergometer fiel) brachte ihn dazu, das Comic-Magazin Pilote zu verlassen: Goscinny weigerte sich, einen Comic zu veröffentlichen, in dem Mandrykas Superheld „Maskierte Gurke“ zehn Seiten lang Steinen in einem japanischen Garten beim Wachsen zusieht, worauf Mandryka mit den Kumpels Claire Bretécher („Die Frustrierten“) und Marcel Gotlib („Peter Pervers“) mit L’Écho des Savanes ein eigenes Comicmagazin gründete.

Nikita Mandryka, der Herr der Gurke, starb achtzigjährig in der Nacht vom 12. Auf den 13. Juni 2021 in seinem Haus in Genf.

Foto: Wikimedia/Rama

Mein absoluter Lieblingskarikaturist. Ich kann ja keine Karikaturen, ich kann Cartoon. Seine Strichführung ist so brutal leicht. Und er tuscht! Das ist als Technik so gnadenlos. Horst Haitzinger. So eine Inspiration!

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